Der einzige Grund, den Film sich anzusehen, sind die VFX-Effekte – der Entwurf einer künstlichen Welt, die in ihrem Affekt-Gehalt realer erscheint als die einzelnen Vertreter der Menschheit, die sich in umwerfend schönen Landschaften verirren. Die emotionale Zuwendung der Zuschauer verwebt die epische Handlung, die sich mit nicht zu wenig Pathos der klischeebeladenen Erzählungen der amerikanischen Pioniere und Einwanderer bedient, gekonnt mit der Welt, die den bloßen Attraktionswert übersteigt. Sie ist immer auch Affekt-geladen, sie richtet sich, ähnlich wie die Welt in einem klassischen Disney-Zeichentrickfilm, zuerst an unsere Gefühlswelt.
Anders als zum Beispiel die effekthaschenden, den Schein der Formen und Oberflächen zu einer glatten, hinreißenden Oberfläche verdichtenden Filme, die im Dienst der VFX-Erzeugnisse stehen – Marvel Filme zum Beispiel, zur Not reicht auch der Hinweis an die TRANSFORMERS-Reihe -, möchte AVATAR mit seinen Wasserlandschaften, dem Spiel von Feuer und Rauch, dem eigenwilligen Zurückschrecken der Tiere in Milieu der Elemente usw. zuerst mit einer Vielfalt an Formen und Farben, die gleichbedeutend ist mit sublimer Schönheit, verführen. Nie ist vergessen, dass der Mensch die Schönheit der Natur als „ökologische Augenweide“ erleben soll: So schön ist „reine“ Natur, fern vom Zugriff der Gier der Zweifüßler, den Technik-Fanatikern, die nur sich selbst sehen. Dabei ist der Film zuerst das: Die Herstellung und Herrichtung der Natur für den Menschen.
Die AVATAR-Reihe zeichnet sich durch das Fehlen von originellen Konzepten aus. Nichts, was sich nicht schon woanders formuliert wiederfinden lässt. Und zwar vor zwanzig oder dreißig Jahren Kinogeschichte. Eigentlich braucht es den Film nicht als Film – weder Figuren, noch die Handlung erobern Neuland. Die Tatsache, dass der erste Film der AVATAR-Reihe zwar ein Riesenerfolg war, aber seinen Weg in die Pop-Kultur nie gefunden hat, überrascht nicht. Diese Reihe lebt dafür, Kino als Spektakel auszustellen, Zuschauer in die Welt der Projektion zurück zu holen. Und schlau wie James Cameron ist, weiß er, dass er das allein durch die Gewalt der Bilder nicht bewerkstelligen kann. Er braucht eine Affekt-Welt, eine Welt, die uns als ökologisch bewusste Menschen – und das sind wir mittlerweile alle, Klima-Retter wie auch Klima-Leugner – nicht an unserer Weltsicht zweifeln lässt und uns gut fühlen lässt.
Außerhalb des Erfahrungsortes Kino ist der Film in seiner Länge, seinem Pathos und seinem gutmenschlichen Umgang mit dem Komplex von Natur und indigenen Völkern im Kampf gegen die Eigensucht des industriell ausbeuterischen Menschen schwer zumutbar. Im Kino aber ein pures Vergnügen.
Erzählerisch reizt mich der Film kein bisschen. Aber da ja alle von den Bildern schwärmen, muss ich den wohl doch noch im Kino schauen.