THE GRAY MAN

Mit Assassinen-Filmen oder -Serien kann ich stets wenig anfangen. BARRY bleibt da eine erfreuliche Ausnahme. In diesem Genre kann am Ende kein Script die Tatsache ungeschehen machen, dass wir mit Menschen mitfiebern sollen, die hauptberuflich andere umbringen. Nötig ist es dann stets, in das moralische Schwarz Grautöne einzuweben, Killer mit Moralvorstellungen und einem Code zu zeigen. Und, ganz wichtig, das Töten muss ästhetisch anspruchsvoll inszeniert sein.

Entsprechend liegen in der Mehrzahl der heutigen Assassinen-Filme (JOHN WICK usw.) der Akzent weniger auf dem Drehbuch als auf der Ausführung, der Action, den set-pieces. Das ist kein Vorwurf, sondern der Attraktionswert dieses Genres, der Spaßfaktor.

THE GRAY MAN haut in die gleiche Kerbe ein. Die Action möchte am liebsten gar nicht mehr enden und spult sich unermüdlich ab. Dabei sind die Action-Szenen mit vielen Teilnehmer:innen aber durchaus so inszeniert, dass sie dem Zuschauer Spaß machen (den unzähligen Söldnern und Polizisten, die umgeschossen werden, – wohl weniger…). Und es ist in der Tat eine Kunst, einen Killer zu etablieren, der ganz Mensch ist, keine Superman-Fähigkeiten besitzt, immer hoffnungslos unterlegen zu sein scheint, ihn aber dann siegreich aus dem Massaker herausgehen zu lassen. Der Film hat sich dieses Prinzip groß auf die im Wind der Explosionen wehenden Fahnen geschrieben. Und ich, für meinen Teil, hatte eine schöne Zeit beim Schauen.

Doch auch das Drehbuch kommt nicht zu kurz. Es ist auffällig, dass mit THE GRAY MAN eine eigene Welt mit eigenen Figuren entwickelt wird. Das betrifft vor allem den Erzählton. Double-Crosses, Verrat und unterdrückte Gefühle treten nie – im Gegensatz zu der Gewalt – explosionsartig oder ausufernd zu Tage. Sondern sie sind zurückgehalten, die Figuren gehen mit ihren Gefühlen und ihrer Erlebniswelt anders um, als mit ihren Gegnern. Das wirkt durchaus ansprechend, macht die Figuren unwillkürlich mehrdimensional (zumindest zweidimensional) und ich kann mir vorstellen, dass sich daraus noch andere Geschichten generieren lassen.

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