THE SHOP AROUND THE CORNER gehört zu Lubitschs Meisterwerken, ohne Frage. Aber der Film ist auch Teil eines anderen Kanons: Er ist einer der wenigen Filme, den ich hintereinander weg zweimal gesehen habe. Doppelvorstellung desselben Films. Nur wenige Filme haben bei mir diese Begeisterung und Verzauberung ausgelöst.
Woran es liegt, kann ich schwer sagen. Aber die herzliche, warme Atmosphäre des Ladens, des vorsichtigen, höflichen Umgangstons, der nur beim „Oh Chichonia“- Lied immer wieder aus den Fugen gerät, ziehen mich hinein in eine absolut künstliche Welt des Kleinbürgertums, in denen wenig Außergewöhnliches oder Dramatisches passiert. Das, was sich ereignet, aber die Welt bedeutet.
Die Liebes-Missverständnissen und „psychologischen Verirrungen“ zerrt Ernst Lubitsch mit seiner Mise en Scène ins kontrastreiche Studiolicht. Die familiäre Atmosphäre des Ladens wird dadurch betont, dass die Figuren sich klar darüber sind, dass andere ihnen zuhören und stets ihrem Leben beiwohnen. Sie teilen gezwungenermaßen ihr Privatleben mit den Kollegen. Das Gesagte wird aufgegriffen, moduliert, verwertet. Daher ist auch die größte Gefahr, dass der Bösewicht, der piekfeine Verkäufer, Klatsch verbreitet, seine Zuspitzungen und Lügen den Menschen beeinflussen können, der die Macht hat: Den Chef des Ladens.
Zwei Szenen stechen heraus: Nach seiner Kündigung verliest ein geschockter John Stewart seinen Kollegen das Kündigungsschreiben. Eine floskelreiche Schrift. Es passiert nichts in der Szene, doch die Wehmut, der Abschied, die Endgültigkeit der Entscheidung – das alles liegt in Stewarts Tonfall, in den abgewandten Köpfen der Kollegen.
Eine andere schöne Szene: Clara Novak und Alfred sind das Traumpaar, bevor sie es selber wissen. Sie müssen aber erst einmal fern des Tagesgeschäfts herausfinden, dass der andere zum Partner taugt. Das finden sie beim Einsortieren der Regale heraus, beide sitzen auf Augenhöhe auf zwei Leitern nebeneinander. Das Luftige, Romantische, Verzaubernde findet Lubitsch im Laden des Kleinbürgers, doch über dem Boden der Alltäglichkeit.
Ein toller Film, ein Klassiker!