Ich wurde von der Neu- und Realverfilmung von einem der Lieblingsfilme meiner Kindheit überrascht. Überraschend feinsinnig ist der Film adaptiert, die Figuren haben die nötige Tiefe bekommen, dass sie einer seichten Psychoanalyse standhalten können, die Musik bezaubert und die fließende computer-animierte Kamerafahrten verweben den Blick gekonnt in die künstliche Welt. Dem Film zugute kommt, dass er sich in Mäßigung übt: Der Film und der Plot sind zwar nicht deckungsgleich zum Zeichentrickfilm, aber erinnern wie ein Déjà-Vu daran – das tut dem Film gut.
Natürlich wird der ein oder andere angesichts der süßen, quietschbunten, schrillen Bilder das Gesicht verziehen. Der Film zielt aber scharf wie der Pfeil eines Meisterschützen auf ein Zielpublikum, das sich an Disney-Filme akklimatisiert hat.
Auch ist es schon fast rührend, wie einfach aber effizient die Kitsch- und Klischeemaschine Disneys funktioniert. Arabien ist alles, was zwischen Marokko und Pakistan zu existieren wagt. Punkt. Gnadenlos werden die Stoffe, Minarette, Moscheen, Schmuck und Teppiche und Klänge verbunden; nichts darf sich dem Potpourri Arabien entziehen. Es entsteht ein Fantasieland, in dem sich die Menschen ur-amerikanisch verhalten, aber die Trachten einer orientalischen, exotischen Erlebniswelt. Der Tiger, Sinnbild des Wahns der Maler des Okzidents im neunzehnten Jahrhundert, um Harem und Sultanspalaste zu schmücken, verselbstständigt sich und verliert alles Allegorische, Sinnbildhafte, wird zu einem Oberflächeneffekt. Ein Disney-Sidekick.
Am Ende gibt es eine herrliche Tanz-Choreografie. Da wurde es mir dann doch zu viel des Bunten und Harmonischen und ich habe zu Netflix gewechselt und mir die Eröffnungssequenz von Gaspar Noes CLIMAX angeschaut. Die Französische Maulfaulheit und Unbekümmertheit bot mir genau das richtige Gegenmittel zum amerikanisch-breiten Grinsen Will Smiths.
Nach „Aladdin“ zu „Climax“ wechseln, ist aber auch mutig. 😉
Das stimmt. Aber nach all dem Quietsch-Bunten musste ich einfach wieder runterkommen. 🙂
Hmmmm, ich glaube zum Runterkommen ist „Climax“ auch nicht wirklich der richtige Film. Zumindest bei mir nicht. 😀