Ziva Postec hat das Filmmaterial zu Claude Lanzmanns SHOAH geschnitten. Keine Sisyphos-Arbeit, auch wenn es sich streckenweise bestimmt so angefühlt hat.
Bis zu dem außerordentlichen Audio-Beitrag der Sendung KULTURTERMIN bei RBB Kultur war mir nicht bewusst gewesen, wie groß ihr Einfluss an diesem epischen Werk gewesen ist. Es war ihre Idee, die Gespräche der Holocaust-Zeitzeugen über die Aufnahmen der Orte zu legen, mit den Mitteln des Kinos die Geschichte ins Jetzt zu holen.
Die Unabschließbarkeit des Holocaust erfährt der Zuschauer durch die Belebung alltäglicher Orte. Die Kraft des gesprochenen Wortes, der Zeitzeugenbericht, beschwört das Grauen der Lager herauf und eine Trauer dringt in jeden Winkel der Orte ein, die im Bild harmlos, steril und langweilig wirken.
An Orten der Alltäglichkeit weicht die Banalität des Bösen dem Grauen des Vergangenen. Dabei nährt sich der kinematographische Horror nicht aus dem unnennbaren Zumutungen und Gräuel des Holocaust. Sondern aus der Tatsache, dass es tatsächlich so passiert, dass Menschen dieses Schicksal widerfahren ist.
SHOAH greift auf simple Mittel zurück, um ein schlichtes Prinzip für die Erzählung zu verfolgen. Der Film verwendet Zeugnisse, um sich schließlich selbst in ein Zeugnis zu verwandeln: Ein lebendiger, unzerstörbarer Verweis darauf, dass es tatsächlich passiert ist. Der Horror – mitten unter uns – trägt die Maske eines Menschen.