
Eine Serie muss wissen, was der Zuschauer von ihr erwartet. Das heißt nicht nur zu wissen, welche Körperzustände oder Affekte erwartet werden (Spannung baut sich anders auf beim Thriller als bei Horrorfilmen, eine Romanze entwickelt sich anders in einer Komödie als in einem Drama usw.), sondern ganz konkret: Welche Szenen gehören zur Serienwelt und müssen auftauchen?
Dann bleibt nämlich nicht mehr die Frage nach dem Was, sondern nur die nach dem Wie übrig: Auf welch originelle Weise kann die Szene in der Serie auftauchen? – Eine Telenovela braucht nicht dieselbe Art von Einfallsreichtum wie in einer abgeschlossenen Primetime Mini-Serie. Das Problem ist aber dasselbe.
Aufgefallen ist mir das bei der preisgekrönten Serie THE AFFAIR. Im Finale der ersten Staffel findet sich eine Szene, sie könnte aus einer brasilianischen Soap-Opera stammen: Noah steht zwischen zwei Frauen, einmal seine Ehefrau und dann natürlich seine Affären-Liebschaft, die die Welt bedeutet. Beide Frauen tragen weiß und schauen besorgt zu ihm. Die Angst hat ihren Grund, der Ehemann seines Seitensprungs hält Noah eine Pistole gegen den Kopf.
In ihrer visuellen Überzeugungskraft ist diese Szene plump, banal im Pathos, ein Klischee-Gebilde übelster Sorte.
Doch fühlt sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht so an.
Und das ist die Leistung von beherzt-konsequenter Figurenentwicklung, eindringlichem Schauspiel und Einfühlungsvermögen.
Sprich: Die Entwicklung in der Zeit macht den Unterschied. Um den Höhepunkt einer Beziehungskonstellation zu erreichen, müssen wir zuerst wissen, was wir verkaufen wollen.
Und dazu ist es wichtig, dem Zuschauer zu geben, was er sich wünscht.
Nur anders.