SKYLINES enttäuscht leider

Business-Partner in Frankfurt: Erst wird ihr Business, dann die Partnerschaft auf die Probe gestellt (Filmstill, Netflix)

Entscheidungen, mit denen sich die Figuren herumschlagen, sollten gut vorbereitet werden. Nur so können sie überraschen.

SKYLINES, die von Netflix produzierte deutsche Serie, beginnt mit einer großartigen ersten Folge. Elegant und frei von Ballast wird das Thema etabliert – alle Charaktere versuchen, aufzusteigen –, erste Konflikte, Charakter-Verwicklungen und die Richtung des Dramas werden vorgegeben. Das ist stimmig, packt, entführt unsere Neugier nach Frankfurt ins Rappermilieu.

Dialoge sind nicht schlecht, die Rapper sympathisch-kuriose Gestalten, die aus schallisolierten Kabinen ihre Wut und Energie in die Welt hinaustragen.

Mit den nächsten Folgen zerstören die Autoren leider alles Vertrauen, das man als Zuschauer gewillt war, ihnen und ihrer Erzählstimme entgegen zu bringen.

Schade.

Was begründet meine Enttäuschung?

Die Erzählstimme. Die Art, wie die Geschichte aufgebaut und erzählt, die Figuren geführt werden. Ich merke, dass die Figuren auf einem Schachbrett stehen, der Autor hat die Figuren geschnitzt, das für das Spiel vorgesehene Brett auch, und die Bewegung gibt er ihnen sowieso vor.

Salopp gesagt: Wenn eine Figur eine Entscheidung fällt, dann ist es das wichtigste, dass der Autor den Zuschauer „mitnimmt“. Die Gedanken der Figur, der innere Prozess soll sichtbar sein, damit wir die Wendung, die jähe Handlung, den Umschwung im Leben der Figur verstehen.

Und genau das fehlt hier.

Schon bei Beginn der zweiten Folge wunderte ich mich, ob die Charaktere Innenleben und Motivation zwischen den Folgen eingebüßt haben.

Ein einfaches Beispiel für missglückte Charakterführung: Richy Müller spielt Raimund, einen erfahrenen Business-Man. Der creepige Thorsten erwischt ihn bei einem Betrugsversuch und erpresst ihn.

Okay. Nicht sehr originell als Plot, aber why not.

Doch wie verhält sich der erfahrene Familienvater und Business-Man? Er wartet besorgt und verärgert ab, lebt seinen Alltag weiter, wendet sich dann an die organisierte Kriminalität, mit der er nie zuvor in Berührung gekommen ist.

Überlegen wir, wie diese Aktion plausibel und nachvollziehbar gestaltet sein kann: Eine Szene, wo er den Erpressungsversuch als Joke abtut, der Zweifel nagt an ihm, dann überzeugt ihn Thorsten, dass er es ernst meint. Die ersten Versuche, ihn mit legalen Mitteln aufzuhalten, schlagen fehl. – Raimund ist ein etablierter Mann, der bestimmt nicht zum ersten Mal mit Erpressern und Gaunern zu tun hat (– diese Komponente fehlt hier komplett). Raimund will alles schnell und geräuschlos klären, im Business-O-Ton: Wir können alle Gewinn machen!, er kommt Thorsten entgegen, aber – Amateur und Creep zugleich – dieser hat unrealistische Vorstellungen und bleibt unnachgiebig. Alles schlägt fehl. Raimund, widerwillig, lässt sich auf die Frankfurter Unterwelt ein, der letzte Versuch, um sich des Erpressers, der nun nicht nur seine Geschäftswelt, sondern auch seine Familie im Visier hat, zu entledigen. Und dann also die Szene, wie Raimund beim Fast-Food-Imbiss vor dem Klischee eines Mafiosi sitzt.

Die Serie lässt einfach nur Zeit zwischen Raimunds Szenen verstreichen, ohne dass dieser etwas tut. Und das wirkt unglaubhaft und lächerlich, eine Fabel, die sich Autoren zurechtgeschustert haben.

Und leider ist Raimunds Story-Arc nicht der einzige Bogen, den die Serie überspannt.

#netflix #skylines #serie #drehbuch #dramaturgie

Ein Kommentar zu „SKYLINES enttäuscht leider

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