
In welche Gemeinschaft kann man den unbezähmbaren Körper überführen? Nicht umsonst haben sich die Tänzer in CLIMAX zurückgezogen und tanzen hinter verschlossenen Türen. Die Abgeschiedenheit hilft der Konzentration, die Einsamkeit verstärkt aber auch den Wahn, in die sie der Drogenrausch wirft.
Die Eröffnungssequenz – eine lange Einstellung, in der die Kamera geradlinig hin und her wandert und sich schließlich in die Luft hebt – hat mich umgehauen.
Die Wucht der Verrenkungen, die zurückgehaltenen Beats, die den Rhythmus der Szene vorgeben, die Choreografie der Tänzer, die allein auf der Bühne stehen, um im nächsten Moment als Teil eines Ensembles über die Bühne zu stolzieren, zu watscheln oder zu rutschen – alles macht diese Plansequenz großartig und unvergesslich.
Natürlich gehorcht die Aufführung einer Dramaturgie. Wenn wir nach einem Sinn hinter den Tanzfiguren suchen möchten, dann drängt sich sofort der Dualismus von „zivilisiert-beherrscht“ und „wild-ungezügelt“ auf. Dabei spielt aber das Begehren nach dem Körper des anderen, besonders nach dem des anderen Geschlechts, egal in welcher „Ausführung“, eine prominente Rolle. Das Begehren wirkt nicht einseitig, sondern inszeniert zugleich den Begehrenden wie auch das Objekt der Begierde.
Es ist ein Paradoxon: Erst das Begehren hat die Kraft, den Körper zu disziplinieren. Anders gesagt: Erst der animalische Trieb zivilisiert den Menschen.
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