
Ich bewerbe mich gerade um einen Workshop. Als Teilnahmebedingung soll jeder auf einer Seite zusammenfassen, was ihm zu folgendem Thema einfällt: Humor in Deutschland.
Hier ist das, was ich dazu zu sagen habe:
Ich finde die Deutschen zum Schießen. Diese Aussage würden die allerwenigsten mit Witze reißen und Lachen in Verbindung bringen.
Ich übertreibe, natürlich. So schlimm steht es nicht um den Humor zwischen Rhein und Oder. Aber auch nicht so gut. Es genügt, dass man den Quatsch-Comedy-Club in Berlin besucht, und schon zweifelt man am eigenen Optimismus. Es gibt eine Art von Humor, den ich eklig finde. Ich denke zum Beispiel an Mario Barth.
Humor in Deutschland kann aber auch intelligent und feinfühlig sein. Und jetzt denken wir bitte an Loriot und an seine legendäre Récamiere. Mit seinen Kurzfilmen und Sketches bin ich großgeworden. Ich denke aber auch an Kurt Tucholsky, dessen Beobachtungs- und bissige Kombinationsgabe mir schon als Kind große Freude bereitet haben. Ernst Lubitsch und Billy Wilder, deren Filme ich als Kind schaute und heute noch in den Schwarzweißfilmen neue Schattierungen und Details entdecke. Auch „Stromberg“ und die frühen Folgen von „Switch“ bereiten mir großes Vergnügen. Auch gab und gibt es in Deutschland großartige Kabarettisten, die mühelos das politische Treiben durchpflügen und die Mechanismen der Macht in Form von scharfsinnigen Kommentaren greifbar machen.
Als Türke habe ich noch nie auf die Deutschen geschaut und mich gefragt, ob sie witzig sind. Ich finde die Türken vielleicht fröhlicher, aber nicht lustiger als die Nachfahren von Arminius. Ich habe eine Weile in Frankreich gelebt, ich habe in Estland gelebt – die Menschen dort waren auch keine geborenen Witzereißer und -erzähler. Ganz im Gegenteil.
Kurz: Ich finde, die Fragen, ob die Deutschen witzig sind oder nicht, ob sie ausgiebig lachen können oder nicht, sind unnötig. Sie zeugen von Selbstzweifeln.
Spannend ist es, heraus zu finden, wo diese Zweifel ihren Ursprung haben könnten.
Die Medien sind schuld, höre ich den dicken Sachsen mit dem Deutschlandhut rufen. Und vielleicht liegt er zum ersten Mal in seinem Leben nicht meilenweit, sondern nur fußweit daneben. Natürlich sind die Serien und Filme und Sketch-Shows bei dieser Bestandsaufnahme die Hauptverdächtigen. Und ja, ich finde, hier bietet sich noch Raum, in dem man Comedy besser machen kann. Wie oft habe ich einen Film oder Serie deutschen Ursprungs gesehen und habe den Gags beigewohnt und meinte: Ganz nett, aber…oder gleich: Nö, nicht witzig.
Als medienaffiner und -erprobter Zuschauer fällt mir auf, dass Schauspiel, Inszenierung und Drehbuch manchmal nicht so gut zusammenspielen, wie sie sollten. Als Drehbuchautor möchte ich nur etwas zum Textuellen sagen. Und hier wünsche ich mir mehr Drehbücher, die die Figuren ernst nehmen, in den Figuren selbst nach der Komik suchen. Der Humor stellt sich wie von selbst ein, wenn man fleißig (und als Autor zunehmend verzweifelt) die Persönlichkeiten und Beziehungen ergründet, statt faul eine Idee nach der anderen den wehrlosen Kreationen überzustülpen. Es braucht viel Einsatz und viel Arbeit, um Zuschauer zum Lachen zu bringen.
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