
Im Flugzeug schaue ich am liebsten den neuesten Output von den teuersten Franchises, die das digitale Hollywood zu bieten hat. Ohne Ton, denn die Bildsprache ist so grobschlächtig (um nicht zu sagen: banal) und doch so effektiv, dass die Filme stets verständlich bleiben.
Treibt mich Verachtung vor dem filmischen Werk an, wenn ich auf Musik und Dialog verzichte? Selbstquälerei, wenn ich Aquaman gegen eine Armee aus Haien, Krebsen und – Seepferden (!) beim Kämpfen zuschauen muss?
Vielleicht, oder zumindest: nicht nur.
Es geht mehr darum, im Fluss der Story-Logik zu schwimmen. Die Story, die sich in dem Bild-und-Ton-Erzeugnis bis zur Unkenntlichkeit aufbläht, wird in ihrer Stummheit aus dem Versteck gelockt.
Es fällt sofort auf, wie generisch die meisten Werke sind. Das Drama, die Konflikte sind ziemlich bekannt, neu durchgemischt und trotzen nicht vor Originalität. Die Entwicklung der Charaktere überrascht nie.
Das ist die eine Seite.
Als Drehbuchautor fällt mir besonders die stets einmalige Art auch der teuersten, simpel gehaltensten Filme auf, Geschichten zu erzählen.
Es geht um den Erzählton, der die erzählten Ereignisse und Charaktere bedingt, und zugleich von ihnen bedingt wird. Der Erzählton beschwört die Ereignisse, die Handlungsschritte reihen sich ein, um von der Stimme der Erzählung zum Leben erweckt zu erwerben.
Dieselbe Story erzählt sich je nach Genre anders. Und zieht ein anderes Ende nach sich.
SCREAM als Boy-meets-Girl-Film lässt sich nicht verwechseln mit einer Romantic-Comedy. Spoiler-Alert: Im Horror-Film überlebt das Paar nicht, und wenn, dann nicht am Stück.
Schwierig wird es, wenn der Film oder die Serie nicht mehr den Erzählton trifft, den sie zuvor mühevoll etabliert hat – und an den sich die Zuschauer gewöhnen konnten.
(Denn das Einnehmen einer Erzählperspektive zeugt von einer Erzählhaltung, von einem Anspruch des Erzählers und einer Konditionierung der Zuschauer. Die Zuschauer müssen sich auf die Welt zuerst einmal einlassen, die Regeln lernen.)
Bestes Beispiel, wie eine Serie gegen Ende der Staffel den Ton wechselt, die Geschichte beschleunigt und dadurch wichtige Elemente verliert, die ihre Erzählwelt so großartig und beeindruckend gestaltet haben, ist GAME OF THRONES.
Der Ton der Erzählung ist oft wichtiger als die Originalität der filmischen Welt. Einen nachlässig konstruierten Plot, maue Dialoge bin ich als Zuschauer eher geneigt zu verzeihen, wenn ich merke, dass die Erzählung Haltung bewahrt, dass hier jemand sich Gedanken gemacht hat, wie sich die logisch sich zusammensetzende Handlung anfühlen wird.
Und in der Hinsicht kommt es wieder einmal auf das Gefühl, wie in so vielen Dingen, mehr an als auf die Logik.