
Ganz neu auf Netflix: Ein guter deutscher Film, der lose eine (Western-)Parabel mit einem Beziehungsdrama verknüpft. FREMDER FEIND — das ist in diesem Film keine Tautologie.
Die Hauptfigur bewegt sich durch zwei Zeitebenen: Einmal das österreichische Gebirge im Winter, ein menschenfeindliches Land. Und einmal sein behagliches Haus im Frühling, das er zusammen mit seiner Frau bewohnt.
Das häusliche Drama spielt sich langsam ab — es hilft, dass Alltagshandlungen beobachtet und Abweichungen kenntlich gemacht werden, um die psychologische Entwicklung der Figur aufzuzeigen.
Die Welt der Winterlandschaft ist eine Parabel auf Krieg und Kampf. Ein Pazifist muss Krieg spielen, um seine eigene Würde zu wahren. Um nachzuvollziehen, was seinen Sohn in den Krieg getrieben hat, um die Erfahrung zu rekonstruieren. Kurz: Es ist ein existentielles Anliegen, sehr konstruiert zwar, von der Erzählung forciert, aber als Zuschauer ging ich das mit.
Die Parallelmontage von aufregender Fabel und die Psychologie auslotendem Familiendrama klingt natürlich sehr schön. Als ich den Film zu Ende geschaut hatte, zweifelte ich jedoch daran, ob der Film diesen ungewöhnlichen Mix wirklich auf eine befriedigende und für die Hauptfigur faire Art zu Ende denkt.
Es gibt zwei Momente, die einen Verrat an den Figuren andeuten.
+++ Spoiler +++
Einmal der Freitod seiner Frau: Das Klischee aus Filmen mit wenig dramaturgischer Entwicklung, in der eine der Hauptfigur näherstehende Figur (in der Regel ist es die Ehefrau oder die Tochter) notgedrungen im dritten Akt in den Selbstmord getrieben wird, um überhaupt noch so etwas wie eine Katharsis zu erzwingen. Hier passiert auch genau das.
Und einmal ist es das Ende der Parabel: Der Mann jagt seinen Feind und schießt ihn an. Diese Handlung triggert bei ihm — Überraschung, es ist ein Charaktermoment — Mitleid. Das ist ein sehr fernsehtaugliches Ende, wo man niemanden zu nahe tritt. Aber eindeutig eine Entscheidung, die die Figur der Parabel niemals selbst treffen würde. Eine übergestülpte Entscheidung, viel zu hektisch und unvorbereitet erzählt.
Durch dieses Ende wird leider die ganze Substanz der Parabel verraten.
Schade! Aber sonst: FREMDER FEIND ist ein guter deutscher Fernsehfilm.