Zwei Filme auf Netflix handeln von milden aber knochenharten Lebenskrisen. PRIVATE LIFES und THE LAND OF STEADY HABITS begeben sich ins Milieu der amerikanischen Mittelschicht, der Gutverdiener oder zumindest: der Genugverdiener. Menschen in verlässlichen Beziehungen mit klar benennbaren Berufen.
Die Filmemacher, Nicole Holofcener und Tamara Jenkins, gehen bemerkenswert klug und feinfühlig vor. Sie zeichnen einen klaren filmischen Raum, verzichten auf die üblichen Komplikationen, die Filme wie von selbst an sich ziehen — sprich: außereheliche Affären, Verrat, existentielle Geheimnisse und irrationale Leidenschaften.
Die Kamera führt die Figuren mit einem zurückhaltenden Blick in den kühlen Raum ein — und dann auch vor. Die Männer und Frauen stehen im besten Alter, sie haben die meisten Konflikte, die uns das Kino nicht müde wird zu präsentieren, schon bewältigt.
Jetzt dringen neue Dämonen ins Haus ein: Scheidungen, die doch nicht das Glück bedeuten, Kinderwünsche, die mit Hilfe der Medizintechnik ins Paarleben einbrechen und das Paar zum Verzweifeln bringen. Ungewohnte Themen, neu erzählt. So sind gute Filme.
So einfühlsam PRIVATE LIFES und THE LAND OF STEADY HABITS mit ihren Figuren umgehen und so sehr mir auch Filme gefallen, die ihre Erzählhaltung zurücknehmen, um trotzdem Haltung zeigen — beiden Erzählungen geht zu schnell die Puste aus.
Das Vorführen von originellen Figuren geht auf Kosten der Dramatisierung: Zufälle passieren zu oft, Entscheidungen und wesentliche Reifeprozesse finden im Off statt, Konflikte kochen sich nicht hoch… Thematisch werden die Szenen wunderbar eingeklammert, aber der zugespitzte (auch: forcierte) Konflikt, der doch bei einem Film am schnellsten und effektivsten Zuschauer neunzig Minuten lang an den Bildschirm binden kann, auf ihn verzichten beide Filme.
Der Verzicht führt dazu, dass ich bei THE LAND OF STEADY HABITS nach der Hälfte kein großes Interesse mehr hatte, den Film zu Ende zu schauen. Bei PRIVATE LIFES passierte dasselbe, nur diesmal nach ca. einem Drittel der Erzählung. Wie schön und großartig sich die Erzählung auch in all ihren thematischen Farben und feingliedrigen Figurenzeichnungen aufbaut, mir als Fan von Dramatisierung und Prozessen der Entscheidungsfindung fehlte genau das: das Drama.
Anders gesagt: Beide Filmen haben ein bekanntes dramaturgisches Problem: Der zweite Akt, die Komplikation der Handlung, trägt nicht.