Ich habe gerade die erste Folge der Serie BERLIN BABYLON gesehen (die komplette erste Staffel ist in der ARD Mediathek frei verfügbar).
Ich hatte Schwierigkeiten, die Fiktion zu betreten. Kurz: Die Serie konnte nicht ihre Gemachtheit verschleiern.
Das sollte aber das oberste Gebot sein bei Mainstream-Serien: Der Zuschauer muss schnell die Welt der Fiktion betreten können. Und am liebsten für immer drin verweilen wollen.
Weshalb gelang es mir beim besten Willen nicht, mich auf die Figuren und die Erzählung einzulassen?
Hier ein paar Gründe:
*Die Schauspielführung: die Schauspieler betonen selbst unbedeutende Dialogpassagen streng, und kitzeln Bedeutung selbst an den Stellen heraus, die von selbst den Zuschauern einleuchten. Sie generieren Über-Bedeutung. Anders gesagt: Die Schauspieler (besonders die Hauptrollen: der Kommissar und die Typistin) betonen zu stark das Dramatische. Der Effekt: Momente, die der Zuschauer durch Fantasie und Einfühlungsvermögen entdecken könnte, werden niedergewalzt.
*Uli Harnischs Szenenbild: Uli Harnisch, einer der legendären Szenenbildner Deutschlands, scheint mit dieser Serie an seine Grenze gestoßen zu sein. Die Sets sehen nach Theaterbühne aus, und als Zuschauer verliert man nie das Gefühl, dass diese Räume für die entsprechenden Szenen entworfen wurden. Dieses Gefühl muss nicht dem Serien-Genuss konträr laufen, hier aber drängt sich die Wahrnehmung auf, dass die Macher gescheitert sind, glaubhafte Räume zu entwerfen.
Vielleicht ist das Scheitern des Szenenbilds aber auch nur dem Budget geschuldet…
*Der Erzählton: Die Serie scheint sich nicht sicher zu sein, ob sie eine Genre-Erzählung präsentiert oder das Rad für Berlin-Erzählungen-in-den-Goldenen-Zwanzigern neu erfinden möchte. Beispielsweise: Gleich die erste Verfolgungsjagd ist eine generisch und unoriginelle Genre-Szene, altbekannt aus Polizeifilmen. Die Serie schafft es nicht, mich von der Einmaligkeit dieser Szene zu überzeugen. Sie ist einfach ein Imitat von Genre-Szenen – und das nicht einmal besonders gut.
* Die Regieführung: Die unausgegorene Énoncé der Erzählung zeigt sich in der Bildgebung. Die Bilder haben Mühe, sich an einer Tradition zu orientieren. Natürlich sieht alles wunderbar stimmungsvoll aus. Aber darum geht es nicht. Dem Zuschauer müssen klare Angebote gemacht werden, wie und in welchen Bild-Kanon er die Bilder einzuordnen hat: Romantik, Horror, Action usw. Hier bleibt alles offen.
*Heterogenität ist der Teufel. Fiktionen lassen sich leichter betreten, wenn sie einheitlich sind. Die Aneinanderreihung der Szenen erinnert aber eher an ein lose geschnürtes Paket aus einzelnen Szenen als an einen einheitlichen erzählerischen Entwurf, der alles trägt.
Tom Tykwer hat in seiner Filmemacher-Karriere zwei geniale Filme gedreht: LOLA RENNT und WINTERSCHLÄFER. Leider warten wir immer noch darauf, wieder einen guten Film (oder eine gute Serie) von ihm zu sehen.
Ist es nicht etwas vorschnell, die Serie nach nur einer Folge als schlecht abzuschreiben? Die Handlung ist ja recht komplex und braucht eine Weile, um sich zu entfalten. Dementsprechend fällt man nicht sofort in die Fiktion rein, sondern muss erstmal ein Gespür davon bekommen. Ich jedenfalls hatte keine Probleme, die Welt der Fiktion zu betreten und fand gerade die Hauptdarsteller großartig. Was das Gemachte angeht, ging es mir ähnlich. Aber ich habe das nicht als störend empfunden, ganz im Gegenteil: Ist doch spannend, wie es möglich ist, bestimmte Orte wieder aufleben zu lassen, z. B. den Görlitzer Bahnhof in Berlin.
Ich werde auf alle Fälle weiterschauen. Ich hatte arge Probleme mit dem Schauspiel-Stil, weil da soviel extra betont wird, es fühlt sich alles sehr bedeutungsschwer an. Gefallen hat mir das, was es zu sehen gab, leider noch nicht wirklich. Ich hatte immer den Eindruck, da geht noch mehr…
Ich glaube, das Übertonte ist durchaus gewollt. Wirkt alles doch etwas schrill und der Hysterie der 20er angepasst. Ich befürchte nach den ersten Folgen der 2. Staffel gerade nur, dass sich das auf die Dauer dann doch mit dieser recht konventionellen Krimigeschichte beißt. Meine Begeisterung schwindet gerade etwas. Vielleicht hast du also doch gar nicht so unrecht. 🙂
Ist es nicht etwas vorschnell, die Serie nach nur einer Folge als schlecht abzuschreiben? Die Handlung ist ja recht komplex und braucht eine Weile, um sich zu entfalten. Dementsprechend fällt man nicht sofort in die Fiktion rein, sondern muss erstmal ein Gespür davon bekommen. Ich jedenfalls hatte keine Probleme, die Welt der Fiktion zu betreten und fand gerade die Hauptdarsteller großartig. Was das Gemachte angeht, ging es mir ähnlich. Aber ich habe das nicht als störend empfunden, ganz im Gegenteil: Ist doch spannend, wie es möglich ist, bestimmte Orte wieder aufleben zu lassen, z. B. den Görlitzer Bahnhof in Berlin.
Ich werde auf alle Fälle weiterschauen. Ich hatte arge Probleme mit dem Schauspiel-Stil, weil da soviel extra betont wird, es fühlt sich alles sehr bedeutungsschwer an. Gefallen hat mir das, was es zu sehen gab, leider noch nicht wirklich. Ich hatte immer den Eindruck, da geht noch mehr…
Ich glaube, das Übertonte ist durchaus gewollt. Wirkt alles doch etwas schrill und der Hysterie der 20er angepasst. Ich befürchte nach den ersten Folgen der 2. Staffel gerade nur, dass sich das auf die Dauer dann doch mit dieser recht konventionellen Krimigeschichte beißt. Meine Begeisterung schwindet gerade etwas. Vielleicht hast du also doch gar nicht so unrecht. 🙂