Florida ist Moonees Disneyland

THE FLORIDA PROJECT läuft gerade in den Kinos. Der Film wurde hochgelobt – und das zu recht. Willem Dafoe und Brooklyn Prince spielen ergreifend schön schlicht und doch mit so viel Energie, wer sich bei ihrem Anblick nicht in die Welt der untersten Schichten Floridas verführt fühlt, dem kann man nicht mehr helfen, weder im Kino noch im Leben.

Florida ist für Moonee ein Vergnügungspark, ähnlich wie Disney World für die Touristen. Das kleine Mädchen lebt in einem Motel, das als Absteige und Wohnort für die Armen Floridas herhalten muss. Der offizielle Walt Disney, der Gastgeber und Spielleiter, ist Bobby (Willem Dafoe), er kümmert sich um den Betrieb, repariert defekte Eismaschinen wie auch zwischenmenschliche Beziehungen. Ein guter Mann, obwohl ihm Güte fremd ist. Ein großartiger Mann.

Moonee gestaltet in ihrem Sommer die schäbigsten Orte, Parkplätze, Highway-Ausfahrten, verlassene Ferienhäuser zu einem Erlebnispark. Das ist wunderschön zu erleben. Und Sean Bakers Sicht auf die Figuren und ihre Welt schöpft aus dem Herzen des Humanismus: Weder regelt der Gegensatz von Gut und Böse seine Welt, noch werden die Ärmsten der Gesellschaft in irgendeiner Weise bloßgestellt. Sie bleiben Könige und Königinnen, sie bleiben das, was zahlende „Customer“ in Disneyland darstellen.

Ein sehr schönes Detail zum Abschluss: Das Motel, wo die Welt sich (er-)findet, schaut auf einen Hubschrauber-Landeplatz. Ich habe selten eine schönerer Metapher erfahren für den Blick der Armen auf die Welt der Reichen. Die Armen leben im Motel, sie schauen zu, wie die Reichen abheben. Ihnen bleiben einzig zwei Möglichkeiten: „Fuck you“ zu rufen, den Finger zu zeigen, oder zu winken. Die Ärmsten werden in die Welt der Hubschrauber so schnell nicht aufgenommen. Einen Sommer lang müssen sie es auch nicht, denn sie sind Könige.

 

 

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