Ein deutscher Jugendfilm, Scifi. Ich lese die ersten Seiten des Drehbuches und empfinde nur Wut und Trauer für das, was die Autoren Ödön Horváth antun. Warum muss das feinfühlige Buch JUGEND OHNE GOTT, das in einer düsteren Zeit die Fackel für die Menschlichkeit aufrecht hält, für einen Jugendfilm herhalten?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lehrer ihre Schüler zwingen werden, diesen Film zu gucken, nur weil die Titel des Filmes und des Klassikers identisch sind. Markttechnische Gründe können den Film nicht initiiert haben. Dann also: wahren die Autoren die thematische Einheit? – Prüfen wir es:
Der Film behandelt die Leistungsgesellschaft, den Druck, der auf die Jugendlichen ausgeübt wird usw.
Das Buch lässt uns die Zweifel mitfühlen, die einen Mann des Glaubens beschleichen, als er sich täglich mit einem menschenverachtenden System konfrontriert sieht. Er muss sich der Frage stellen, wie er den Auftrag, den ihm sein Glauben und seine Profession auferlegt haben, angesichts dieser Umstände ertragen und umsetzen kann. Er kann es nicht, er kann es in seiner Funktion nur noch schlimmer machen und muss emigrieren, muss diese Menschen, seine Schutzbefohlenen, verlassen, um es nicht schlimmer zu machen. Einziger Trost: Mit seiner Emigration bringt er Gutes an einen anderen Ort in der Welt. Seinen Auftrag nimmt er wahr, jetzt erst recht, und setzt ein Zeichen für Menschlichkeit, indem er sich einem Neuanfang stellt.
Die Entscheidung der Figur, seine Heimat zu verlassen, ist tragisch, doch macht uns Horváth zugleich Hoffnung: Die Menschheit ist nicht verloren, und wenn, dann ist es nur eine Generation.
Und nein, man kann das historisch verankerte Setting nicht einfach in eine marktgerecht aufbereitete Dystopie umfunktionieren. Der Roman raubt mit der Dystopie dem Es-war-mal-so-ähnlich-in-Deutschland des Romans seine unheimliche Kraft; diese Kraft geht an dieser Ver-Filmung (im Sinne eines Miss-Verständnisses) gänzlich vorbei.