Wie gründen sich Filmreihen? – Wenn Filme in Fortsetzung gehen, geht es darum, das Gewohnte nur anders in die Welt zu bringen. Die guten Forsetzungsreihen nehmen sich dieses Problems auf eine innovative, den Zuschauer fordernde, intelligente Art an – kurz sie überraschen uns, indem sie mit den Regeln der Welt spielen, sie aber nicht brechen. Je besser das Verständnis der Regeln sind, die den Kultstatus oder den Erfolg des ersten Films der Reihe gegründet haben, um so vielfältiger und überraschender werden die Fortsetzungen.
Die ALIEN Filme sind in der Hinsicht paradigmatisch für eine gelungene Filmreihe, wenn auch nicht alle Filme stark sind. ALIEN COVENANT tut sich in der Hinsicht leider schwer.
Hier ein paar Regeln, das Setting, das in den Alien-Filmen befolgt wird:
- Monster dezimiert eine Gruppe an Menschen, die sich durch einen fremden Planeten, eine technische Anlage oder ein Raumschiff kämpfen, um zu überleben
- Die Anführerin der Gruppe ist eine Frau, die Durchsetzung der Frau (vs. Männer z. B.) ist immer ein Thema; auch die Art, wie sie zur Anführerin wird, ist integraler Bestandteil der Filme;
- die Themen Mutterschaft, Geburt und Kindswohl sind entweder Bestandteil im Plot (ALIENS) oder Metapher des Plots (ALIEN)
- der Android, Teamplayer am Anfang, stellt die Autorität der Protagonistin in Frage – oder hilft ihr wesentlich; manchmal ist seine Loyalität undurchschaubar und ungewiss
- die klinisch sauberen Labore, die blinkenden Lichter der Cockpits der Raumschiffe und der Wagen, die blutdurchtränkt werden; die Hyperschlaf-Technik, das Aufwachen nach Ankunft oder wegen Empfang eines Signals aus dem All
- das besondere Design der Landungsraumschiffe: falkenähnlich (ALIENS) oder wie Bärtierchen (ALIEN COVENANT); der Wind in geschlossenen Räumen: im Raumschiff der Crew vor der Aufwachphase (ALIEN), im geschlossenen Raum des Androiden (ALIEN COVENANT)
- das besondere Monster-Design von HR Giger – der Look der Monster und all ihrer Spielarten: Ihre Geburt und ihr Tod entweder als Splatter-Effekt oder als Metapher (Brustkorb durchstoßen); der „Endgegner“-Alien kommt nach Vorlage des Horror-Genre immer erst wieder, wenn man ihn für tot hält; der Endgegner stirbt erst im All
- die Labore, in denen Menschen oder Aliens gezüchtet oder katalogisiert werden; wo die Körper für Experimente und Forschungszwecke herhalten müssen; Räume jenseits der Bio-Ethik
- die Mutters und Vaters der Raumschiffe: es sind Regelsysteme, die den Kindern Dinge gewähren oder verbieten
Die Liste kann fortgeführt werden.
Wenn wir die Regeln auf ALIEN COVENANT anwenden, lässt sich sehen: Der Film steht in der Tradition von ALIEN, will als Ursprungsgeschichte sich geltend machen. Ob es ihm gelingt (ich denke: eher nicht, und wenn: dann nicht so spannend oder gut), ist eine andere Frage.
Interessant bleibt, ob der Mix von Genom-Experimenten und ALIEN-Mensch Mischwesen eine filmische Zukunft hat. Wenn ja, wird sie wohl nicht halb so spannend sein, wie die ersten vier Filme der ALIEN-Sage.