Blue Steel

Kathryn Bigelows bester Film, nicht weniger, ist BLUE STEEL. Der Plot ist so realistisch wie eine Daily-Soap, die Entscheidungen und Wendungen der Figuren, trotz des Einsatzes von Jamie Lee Curtis, Clancy Brown und Ron Silver, hanebüchen. Trotzdem und gerade deshalb ist es einer meiner Lieblingsfilme.

Der Film weiß um seine Story, die nicht glaubwürdig ist. Und das ist die Stärke des Films. Der Film ist ein Gemetzel von Phantasmagorien: Es geht um Gender-Probleme, Frauen in Männerberufen, kurz: Gender-Klischees, die auf den Kopf gestellt werden. Der Film spielt mit den Bildern und Zuschreibungen, die aus anderen Filmen zu einer Masse geronnen sind. Die Frau mit langen Haaren, die Eroberung des Officers, die Frau, die passiv sich erobern lässt im Vergleich zum Mann, der aktiv rangeht, erobert, mit der Pistole in der Hand in Wohnungen eindringt, die Frau – das tolle Liebesobjekt.

Der Film dreht diese Zuschreibungen feinfühlig um. Jamie Lee Curtis, die Ikone der ersten Slasherfilme wie HALLOWEEN, und damit schon als Besetzung mit der Energie des Fetischs aufgeladen, spielt eine weibliche Polizisten, damals die Ausnahme in einer Männerdomäne. Der Film begnügt sich nicht damit, obwohl der Anfang es nahe legen würde, das Rookie-Genre zu bedienen: Anfänger-Cop geht zum ersten Mal auf Streife usw., siehe THE ROOKIE. Kathryn Bigelow lässt den Film stattdessen in eine psychoanalytisch motivierte Spirale des Verlangens, des Wahns, der Verfolgung und des Wahnsinns abgleiten. Die Pistole, die der weibliche Police Officer abdrückt, wird zu einem Fetischobjekt, die Macht des Objekts tritt über auf die Frau, sie wird, ähnlich wie in Hitchcocks VERTIGO ihre Frisur die Macht der blonden Frau begründet, selbst zum Objekt.

Die Fetischisierung der Gegenstände treibt Eugene Hunts Wahnzustand voran. Wie alle Haupt- und Nebenfiguren trägt auch er einen plakativen Namen, der die Figur dem Zuschauer als Symbol (und Metapher) präsentieren möchte. So kann der Film, ungefähr in der Mitte des Films für die Länge einer Minute, in eine Traumsequenz kippen, ohne dass irgendeine Änderung in der Inszenierung und in der Bildwahl augenfällig sind. Der Übergang von Traum zu Realität ist in der Welt des Films fließend und vertieft auf diese Art die Erfahrung des Wahns, die Fetischisierung der Frau, die eigentlich nur Subjekt bleiben möchte.

Eugene Hunt und Megan Turner sind zwei Seiten desselben Fetisch-Wahns, der dort zu spüren ist, wo sich in der Gesellschaft asymmetrische Geschlechter-Unterschiede auftun. BLUE STEEL – eine Parabel des Feminismus.

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